Neuroplastizität & das sich entwickelnde Gehirn
Das menschliche Gehirn besitzt die Fähigkeit flexibel auf sich ständig ändernde Umweltbedingungen zu reagieren. Diese Fähigkeit sich selbst zu reorganisieren wird als Neuroplastizität bezeichnet. Die Neuroplastizität ist im Kindesalter besonders ausgeprägt. Die hohe Formbarkeit des Gehirns in diesem Entwicklungsstadium bietet die Grundlage für vielfältige Lernprozesse. Gleichzeitig macht diese Formbarkeit das Gehirn jedoch anfällig für negative Umwelt- und Sozialfaktoren.
Der Teufelskreis des Missbrauchs
Neuroplastische Ereignisse, die als Reaktion auf Missbrauch oder Vernachlässigung auftreten, können die adaptive Entwicklung der Nervenbahnen zwischen dem präfrontalen Kortex und dem limbischen System stark beeinträchtigen. Solche Veränderungen können das Urteilsvermögen und die emotionale Selbstkontrolle beeinträchtigen. Traumatische Erfahrungen während der Entwicklung können auch andere Auswirkungen auf die Plastizität des Gehirns haben, nämlich solche, die durch epigenetische Mechanismen vermittelt werden. Epigenetische Effekte können das sich entwickelnde Oxytocin-System beeinträchtigen und soziale Bindungen und Beziehungsfähigkeit beeinträchtigen. Infolgedessen wird der/die Betroffene später im Leben Nischen suchen, die zu den in frühen Jahren geformten inneren mentalen Strukturen passen. In manchen Fällen werden diese Personen auch deren eigene Umgebung verändern, um sie an ihre inneren Strukturen anzupassen. Dieser Prozess der sozialen Nischenbildung kann zur Schaffung eines negativen sozialen Umfelds für die nächste Generation führen.
Um den Herausforderungen von Kindesmissbrauch und Kindesmisshandlung zu begegnen braucht es daher breite interdisziplinäre Bemühungen, die Neurowissenschaftler und Sozialpädagogen vereinen, um den Teufelskreis zu durchbrechen.
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